Konya - Die Stadt der Sufis und Derwische

Konya

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Die Medrese von Dschalāl ad-Dīn Muhammad ar-Rūmī

Komm! Komm! Wer du auch bist!
Wenn du auch Götzendiener oder Feueranbeter bist.!
Komm wieder! Dies ist die Tür der Hoffnung nicht der Hoffnungslosigkeit.!
Auch wenn du Tausendmal dein Versprechen gebrochen hast.!
Komm! Komm wieder!

„Rosen eingetroffen!“ -- So lautet eine der Ankündigungen dieses Geschäfts. Die Türkei ist ein sehr gastfreundliches Land mit freundlichen Menschen. Sie sind offen, tolerant -- und selbst die verbohrtesten Nationalisten werden in der Regel zu freundlichen Menschen, die Fremde mit offenen Armen empfangen. „Wir verstehen uns doch gut! Das ist doch mit Euch ganz anders als sie uns immer erzählen!“, bekommt man zu hören. Gastfreundschaft und Offenheit stehen in der Regel an erster Stelle in diesem freundlichen Land.

Leider gibt es aber auch die Stimmen aus der „neuen Türkei“. In diesem Fall ist es der türkische Innenminister Soylu, der (wahrscheinlich in einem rauschartigen Moment der Selbstüberschätzung) den „Bösen“ mal so richtig Angst machen wollte:

In einer Rede bei einer Kundgebung der Regierungspartei AKP in Ankara bezog sich Soylu laut Videomitschnitten und Berichten regierungsfreundlicher Medien auf Aktivitäten der kurdischen Terrororganisation PKK in Deutschland. „Es gibt ja Leute, die in Europa oder in Deutschland an Kundgebungen so einer Terrororganisation teilnehmen und dann nach Antalya, Bodrum oder Mugla kommen, um Urlaub zu machen“, sagte er. „Für die haben wir jetzt Maßnahmen getroffen. Die sollen ruhig kommen, dann werden sie bei der Einreise am Flughafen festgenommen - und ab geht's mit ihnen. Im Ausland Verrat zu begehen und dann in der Türkei das Leben zu genießen, ist ab jetzt nicht mehr so einfach. (aus dem Tagesspiegel vom 04.03.2019)

Die türkische Tourismus-Branche ist entsetzt, einen Tag später versucht das türkische Außenministerium Süleman Soylus Aussagen zu entkräften („aus dem Zusammenhang gerissen und verzerrt“). Die Türkei ist zu einem Land geworden, in dem die (Rechts-)Sicherheit und Verlässlichkeit abhanden gekommen sind, weil die linke Hand nicht mehr weiß, was die rechte tut. Das macht einen Aufenthalt in der Türkei so gefährlich - nicht etwa nur für diejenigen, die mit der PKK sympathisieren, sondern für alle, die Opfer der Denunziation werden oder die zufällig auf einen lokalen Padisah treffen, der meint, sich Erdogan mit besonders radikalem Durchgreifen andienen zu müssen. In diesem Land herrscht eine nervöse Endzeit-Stimmung.

Fast zeitgleich mit Soylus Ankündigung wird dem ZDF-Journalisten Jörg Brase, Halil Gülbeyaz vom NDR und Thomas Seibert (Der Tagesspiegel) die Presse-Akkreditierung, also Arbeits- und Aufenthatserlaubnis in der Türkei, entzogen. „Mehr als einhundert türkische Journalisten sitzen im Gefängnis. Insbesondere seit dem niedergeschlagenen Putsch im Sommer 2016 müssen auch ausländische Korrespondenten mit Repressalien rechnen. Neben den jetzt ausgewiesenen Journalisten warten immer noch etliche deutsche, andere europäische und US-amerikanische Journalisten auf die Verlängerung ihrer Akkreditierung für das Jahr 2019. Allerdings wurden in der vergangenen Woche mehrere Korrespondenten informiert, dass ihre neue Pressekarte genehmigt worden sei.“ (siehe WOLF WITTENFELD, taz.gazete vom 10.03.2019) Man re(a)giert gereizt: Am 31.03.2019 sind Kommunalwahlen. Dieses Mal werden die Alemances, die deutschen AKP-Anhänger, nicht das Zünglein an der Waage sein, weil sie bei Kommunalwahlen kein Wahlrecht besitzen.

Vielleicht wird die Nachwelt diese Zeit als Zeit der Bienen bezeichnen: In Bayern gibt es eine Volksabstimmung zur Rettung der Bienen. In der Türkei geht der Prozess gegen die „Top-Terroristen“ Osman Kavala, Can Dündar und insgesamt weitere 14 Angeklagte weiter. Beweismittel: Eine Karte der Türkei, die die Spaltungspläne der „Top-Terroristen“ belegen soll. Tatsächlich handelt es sich um eine Karte der Verbreitung der Bienenrassen in der Türkei. Ist die türkische Staatsanwaltschaft wirklich so dumm, ist das eine subtile Form des Widerstands oder sind das sklerotische Erscheinungen, wie sie sch auch am Ende der Habsburger Monarchie gezeigt habe:n??

Die Kommunalwahlen am 31.03.2019 sollten der Welt zeigen, dass die Türkinnen und Türken hinter Erdoğan stehen, obwohl es wirtschaftlich nicht so läuft. Das Gegenteil war der Fall! Langsam kommt das bittere Erwachen, die Unzufriedenheit mit Erdoğans Diktatur wächst. In den meisten großen Städten verlor die AKP ihre Mehrheit an oppositionelle Parteien. Drohungen und das Gezeter von Wahlfälschung helfen nicht. In Istanbul geht nun die Polizei von Haustür zu Haustür, um die Bewohner zu fragen, ob und wie sie gewählt haben! Geheime Wahlen? Anerkennung demokratischer Prinzipien? Nur so lange, wie das Ergebnis für Erdoğan zufriedenstellend ist.

Das Erfolgsrezept der AKP-Regierung beschreibt BARIS UYGUR BARIŞ UYGUR, taz.gazete 2017-09-03 für uns ganz verständlich in Bildern, die uns bekannt sind: „Ich mache Dir ein Angebot, das du nicht ablehnen kannst.“ Das kennen wir irgendwie: Es kommt zwar aus Amerika, aber es funktioniert auch in der Türkei.

Das klingt alles traurig. Ja, stimmt, aber Erdoğan zum Trotz haben seine Gegner den Humor - besonders den schwarzen - nicht verloren. Auf ganz besondere Art erscheinen Erdoğan und die AKP nun als die echten Verteidiger der Menschenrechte. Um es vor „Terroristen“ zu schützen, darf nun niemand mehr das Menschenrechtsdenkmal in der Yüksel-Caddesi in Ankara besuchen. Die Kolumne von HAYRI DEMIR, 2017-06-04 in der taz.gazete ist herrlich. Wie kann so viel geballter Schwachsinn ein solch schönes Land regieren? Wie lange soll das gutgehen?

Ein Freund, dessen Namen ich lieber nicht nenne, weil er in der Türkei lebt, erzählte mir diese Geschichte: Ein Gefangener geht in die Gefängnis-Bibliothek des größten Gefängnisses der Welt in Silivrı . Er nennt dem Bibliothekar einen Titel und fragt: „Habt Ihr dieses Buch?“ „Leider, nein“, lautet die Antwort „aber wir haben den Autor.“ Dieser Tage erschien eine Dokumentation von Pinar Atalay über Denis Yücel. Da könnte einem das Lachen jedoch im Halse stecken bleiben.

Sehr schade, dass dieses wunderschöne Land mit seinen überwiegend freundlichen Menschen zur Geisel der AKP geworden ist! Das haben weder die Türken, noch die Türkei verdient!

Einstweilen sammelt sich die türkische Elite im Berliner Exil. Can Dündars täglicher Newsletter ist übrigens äußerst lesenswert (siehe unten).

Es hat den Anschein, dass wir gerade den Kampf zweier Welten erleben: Die Parallelwelt der AKP im Überlebenskampf gegen die Welt der realen, eigentlich sehr freundlichen Türkei. Die Rosen sind eingetroffen, nun muss man sie verteilen.